Quelle: Faszination Skywalk – was macht die Anziehungskraft des alten Hochofenwerks aus?

Foto: Menne

Faszination Skywalk – was macht die Anziehungskraft des alten Hochofenwerks aus?

Phoenix-West

Ein rostiges Stahlmonster gehört zu den Top-Sehenswürdigkeiten in Dortmund. Der Skywalk ist immer ausgebucht. Nun steckt ein Investor Millionen in das Areal. Was macht die Faszination aus?

von Susanne Riese, Hörde, 13.10.2018

 

932 Stufen Aufstieg werden auf Phoenix-West mit einem spektakulären Rundblick auf all das belohnt, was Dortmund ausmacht: alte Industrie, innovative Unternehmen, grüne Vororte, Parks und BVB-Stadion.

Anja Hecker-Wolf hat die 932 Stufen auf die obere Plattform des alten Hochofenwerks in diesem Jahr bereits mehr als 40 Mal erklommen. Seit sechs Jahren ist sie regelmäßig auf dem Skywalk unterwegs. Als eine von drei Gästeführerinnen und -führern begleitet sie Besuchergruppen über den Steg in 30 Metern Höhe und weiter durch die stillgelegte Industrieanlage. Viel Wissen über die einst verbotene Stadt, die Hörder Fackel, über Möller, Schlacke und Ofensau begleiten sie, ebenso eine Tupperbox mit Koks- und Erz-Stücken und Schaubilder zum Hochofen.

 

Führungen sind fast immer ausgebucht

Die Gründerin von „Stadtkernobst“, die einst Ernährungsberaterin gelernt und viele Jahre im Hoesch-Museum und im Museum für Kunst und Kulturgeschichte gearbeitet hat, bietet auch andere spannende Touren durch die Stadt an; auf den Spuren des Bieres etwa oder „Lust und Laster in Dortmund“. Die Skywalk-Führungen aber sind der Renner – und das seit Jahren. Führungen sind meist lange im voraus ausgebucht, es gibt bereits Anfragen für 2019.

Deshalb verfolgen die selbstständige Stadtführerin und ihre Kollegen die aktuelle Entwicklung auf Phoenix-West etwas angespannt. Doch der Investor „World of Walas“ hat jetzt auf Anfrage zugesagt, dass die Führungen über den Skywalk „sicher fortgesetzt werden“.

360-Grad-Bild: Schauen Sie sich auf dem Skywalk um!

Diese Entscheidung freut viele Fans des Dortmunder Hot-Spots mit der sensationellen Aussicht. Der stählerne Steg über die fetten alten Gichtgasrohre zieht nicht nur „Wiederholungstäter“ immer wieder an, sondern auch viele Gäste, die zu Besuch in der Stadt sind.

So wie Jörg und Susanne Piepenbring aus Duderstadt, die mit ihren Söhnen Luis und Linus, 12 und 15, die Tour bei Stadtkernobst gebucht haben. Schon oft war die Familie in Dortmund bei einer Verwandten zu Besuch. Die Kokerei Hansa kennen sie bereits, auch den Phoenix-See. „Zuhause werden unsere Dortmund-Touren ein wenig belächelt“, erzählt Susanne Piepenbring. „Dort meint man, hier gibt es nur Straßen, Häuser und Fabriken.“ Dabei sei die Stadt doch sehr grün und interessant dazu, denn Industriekultur kenne man in ihrer Heimat kaum.

Eine Tour über den Skywalk

Mit einer kurzfristig angebotenen öffentlichen Führung nutzten die Besucher aus Niedersachsen jetzt die Gelegenheit, ihr Bild vom alten und neuen Dortmund zu vervollständigen. „Wir haben uns immer schon für das Stahlwerk interessiert, wir wussten nur nicht, ob und wie man es besichtigen kann“, erzählt Susanne Piepenbring. Denn normalerweise bleiben die Gittertore an den Auf- und Eingängen verschlossen. Allein aus Sicherheitsgründen dürfen Interessierte das Industriedenkmal nur mit autorisierten Stadtführern betreten.

Anja Hecker-Wolf trifft sich mit ihrer Gruppe am Phoenix-Platz vor der ehemaligen Phoenixhalle, jetzt Warsteiner Music Hall, beginnt aber ihre Geschichte am Phoenix-See ein paar Hundert Meter östlich. Sie erzählt von Hermann Piepenstock, der das Sumpfgrundstück an der Hörder Burg einst für „‘n Appel und ’n Ei“ gekauft hat, vom Abfüllen des Roheisens in die Torpedopfannen und den Transporten über die Eliastrasse nach Phoenix-Ost.

Weit mehr als 150 Jahre lang prägte „das Werk“ den gesamten Stadtbezirk, auch lange nachdem die Produktion 1998 endgültig eingestellt worden war.

Investor will den Standort aufwerten

Sieben Hochöfen gab es am Standort, geblieben sind anderthalb. Einer wurde noch zu Betriebszeiten des Werks von Chinesen ab- und in China komplett wieder aufgebaut. Jetzt steht dem Gelände, auf dem einst 10.000 Arbeiter schufteten, die nächste gravierende Veränderung bevor: Anfang Oktober unterschrieb Walas den Vertrag mit der Stadt.

Der niederländisch-kanadische Investor will mit rund 75 Millionen Euro aus dem historischen Areal einen moderneren, lokalen und durchmischten Wirtschaftsstandort machen, „der die Geschichte und die DNA dieser unglaublich interessanten Umgebung respektiert“. Die Arbeiten sollen mit dem Neubau eines kreisförmigen Innovationszentrums auf dem offenen Platz vor dem Hochofen beginnen.

Das historische Schalthaus von 1897 soll wiederbelebt werden. Ein auffällig meeresblau verkleidetes Gebäude mit dem Namen „4th Wave“ (Vierte Welle) schafft dann auch optisch die Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft. Die blaue Welle, ein geschwungener, mehrstöckiger Komplex, soll den Hochofen baulich durchdringen. Der spektakuläre Baukörper wird das vor langer Zeit aufgegebene Werk mit innovativen Technologien und neuen Arbeitsplätzen füllen.

Im Innern sollen Büros, Wohnungen, High-Tech-Werkstätten und Services untergebracht sein. „Das Gelände wird Heimstadt für neue Ideen in der Technologie, Dienstleistung, Landwirtschaft und Unternehmertum sowie ein Ort, an dem Menschen gern leben, arbeiten, sich erholen und kreativ sein können“, teilt Walas mit.

Phoenix-West macht den Wandel der Stadt greifbar

Das ungebrochene Interesse an dem Industriedenkmal verspricht dem Zukunftsprojekt beste Aussichten. Der Wandel der Stadt sei damit „nirgendwo so sichtbar wie auf den Phoenix-Flächen“, heißt es von der Dortmunder Wirtschaftsförderung. Geschäftsführer Thomas Westphal sagt: „Der Skywalk ist der direkte Weg zwischen der Vergangenheit und der Zukunft Dortmunds. Wer am Schalthaus 101 den Skywalk betritt, erlebt die Wirkung und Größe unserer industriellen Vergangenheit. Auf dem Weg Richtung Hochofen blickt man über die grünen Baumkronen Richtung Südwestfalen, um wenige Schritte später auf die unternehmerische Zukunft auf Phoenix West zu schauen.“

Vielleicht macht auch die Exklusivität den etwas beschwerlichen Ausflug ohne Fahrstuhl oder Rolltreppe zu etwas Besonderem. „Da gibt es keine Massenveranstaltungen“, sagt Birgit Jakoby voni NRW.Urban, die das Industriedenkmal treuhänderisch für das Land erschlossen und betrieben hat. Maximal 25 Personen pro Gruppe sind zugelassen, in den Wintermonaten ruht der Besucherverkehr aus Sicherheitsgründen. Von November an bleibt der Skywalk zu. Erst im März steigen Anja Hecker-Wolf und ihre Kollegen Heike Regener (Meine Heimat Ruhr) und Andreas Ringenberg (SSF) wieder mit Gruppen in den Treppenturm.

„Für uns ist der Skywalk extrem wichtig“, sagt Siegrun Späthe von Dortmund.Tourismus. „Von dort oben sieht man das Dortmund, was alle toll finden, mit der Warsteiner Music Hall, der Bergmann-Brauerei und dem alten Werk. Sogar das Stadion ist zu sehen.“ Der Standort habe eine Ästhetik, die vor allem jene fasziniere, die nicht aus dieser Gegend kommen, sagt die Tourismus-Expertin, eine Kombination aus Vergangenheit und Neuem, aus Industriekultur und coolem Lifestyle mit der Stehbierhalle und den Foodtrucks. „Phoenix-West hat für jede Generation etwas Besonderes.“

Der Skywalk wirkt

Familie Piepenbring aus Duderstadt ist das beste Beispiel dafür, wie der Stahlkoloss wirkt. Luis und Linus finden vor allem die Höhe und die Aussicht toll, und ihnen gefällt der abwechslungsreiche Aufstieg quer durch das Werk. Mutter Susanne fasziniert die Technik, die unglaublich komplexen rostigen Reste einer ehemals blühenden Industrie.

360-Grad-Bild: Genießen Sie die Aussicht vom Hochofen!

Norbert Schilff, der den Hochofen schon viele Male bestiegen hat, entdeckt auf den Rundgängen immer wieder etwas Neues. „Manche haben damals gesagt, das sei doch nur ein Schrotthaufen“, erinnert sich der Vorsitzende der Dortmunder SPD-Fraktion. Jetzt ist der Schrotthaufen ein Star unter den Ausflugszielen der Stadt.

Die alten Anlagen, der Geruch nach Maschinenöl, die riesigen Seilwinden und die verrosteten Torpedo-Behälter ziehen jährlich Hunderte Besucher in ihren Bann. „Rund 70 Prozent kommen aus Dortmund“, sagt Anja Hecker-Wolf. Für die meisten sei die Aussicht das Spannendste, „die Technik interessiert gar nicht so sehr“. Sie selbst beeindruckt die ausgeklügelte Technik, die in dieser gigantischen Anlage steckt und die harte Arbeit, die Menschen hier geleistet haben.

Ein Besuch ist mit einer öffentlichen Führungen oder als Gruppe möglich. Termine über www.dortmund-tourismus.de oder www.stadtkernobst.de Für diese Saison sind nur noch individuelle Gruppenführungen buchbar. Für 2019 können Termine vorgemerkt werden.

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